Auch in diesem Jahr werden die Pforten des Alten Pumpwerks in Mannheim-Neckarau für die diesjährige Jubiläumsausstellung „20 Jahre Kunst im Alten Pumpwerk“ geöffnet.
Kunstliebhaberinnen und -liebhaber werden zu einem Rundgang durch das Künstlerhaus eingeladen. Im Innen- und Außenraum des Industriedenkmals sind Kompositionen von aktuellen Werken sowie ausgewählte Arbeiten aus früheren Schaffensphasen der letzten 20 Jahre präsentiert. Ergänzt wird die Ausstellung in Kooperation mit der Galerie Tammen aus Berlin durch Skulpturen und Arbeiten des Gastkünstlers Trak Wendisch, dessen Werke sich durch eine intensive Auseinandersetzung mit Form, Farbe und Raum auszeichnen. Malerei und Skulptur treten hier in einen spannungsvollen und kongenialen Dialog.
Was:
20 Jahre Kunst im Alten Pumpwerk
Wo:
Altes Pumpwerk Mannheim-Neckarau, Aufeldstraße 19, 68199 Mannheim
Wann:
27. September bis 20. Oktober 2024
Öffnungszeiten:
Freitag 14-19 Uhr, Samstag und Sonntag 11-16 Uhr, sowie Donnerstag, 03 Oktober 11-16 Uhr.
Über das Alte Pumpwerk
Das neugotische Klinkergebäude wurde nach Plänen des in Stettin geborenen Mannheimer Stadtbaudirektors Richard Perrey (1866-1937) in bemerkenswerter künstlerischer Gestaltung entworfen. Die Giebelfront verleiht dem Bauwerk einen repräsentativen Charakter. Sie orientiert sich an Motiven aus der norddeutschen Backsteingotik, wobei der monumentale, strenge und nüchterne Charakter an Züge von Zisterzienserarchitektur erinnert. Der Eindruck eines Sakralgebäudes wird im Übrigen noch unterstrichen durch die Zweiteilung in einen „Chorraum“ (heutiges Wohnhaus) und in ein „Langhaus“ (heutiges Atelier). Im vorderen Teil befindet sich die Kläranlage mit zwei Sandfangbecken. In diese münden die eindrucksvollen aus Klinkergewölben bestehenden Abwasserkanäle ein. Der hintere Teil ist das Pumpenhaus mit den drei verschieden großen, dem Leistungsbedarf angepassten Kreiselpumpen (Hersteller: Gebr. Sulzer, Ludwigshafen), den Vakuumpumpen und den Elektromotoren. Darunter ist ein überwölbter Keller mit den Saugrohren.
[...] Nach Errichtung eines neuen Abwasserpumpwerks in unmittelbarer Nähe wurde das historische Bauwerk Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts stillgelegt. Nach langem Bemühen um eine neue Nutzung erfolgte ab 2001 die denkmalgerechte Sanierung und der behutsame Umbau in eine Wohneinheit mit Atelier und Sammlungsstätte für den Mannheimer Künstler Dietmar Brixy.
Dr. Monika Ryll
Untere Denkmalschutzbehörde Mannheim
Auf einen Blick:
Erbaut: 1903
Bauherr: Stadt Mannheim
Architekt: Richard Perrey
Nutzung: Kläranlage und Anhebung des Abwassers auf das Niveau des Hauptsammelkanals
Stilllegung: 1986
Umbau: 2001
Bauherr: Dietmar Brixy & David Richardson
Architekt: Matthias Henrich
Nutzung: Atelier & Wohnhaus
Schaffensphasen & Zyklen von Künstler Dietmar Brixy
Künstler Brixy im Porträt | SWR Kultur: Lebensreise in Farbe - Der Maler Dietmar Brixy vom 10.12.23
Brixy arbeitet größtenteils in Zyklen, nach denen er seine Bilder tituliert. So tragen seine Werke nur selten individuelle Titel, sondern sind nach der jeweiligen Werkserie benannt. Manche Serien sind nicht abgeschlossen und es kommen immer wieder neue Werke hinzu. Die einzelnen Zyklen bauen somit zwar chronologisch aufeinander auf, beeinflussen sich aber auch gegenseitig immer neu.
Von Anfang an bildet die Linie ein zentrales Motiv in Brixys Werken. Als Lebenslinie, verzweigtes Geäst oder auch als Horizont. Das Wesen der Linie ist je nach Werkgruppe ganz unterschiedlich zu deuten: als Begegnung zweier Individuen, deren Wege sich kreuzen, gleichsam auch als Bild für das Aufbrechen – sich auf den Weg begeben –, oder als Überschreitung von Grenzen. In den Alleen aus der Werkserie BEYOND oder in den perspektivischen Landschaften in HORIZON sind diese Motive besonders stark ausgebildet. Einen noch stärkeren Wiedererkennungswert haben die zahlreichen Naturmotive in seinen Bildern. Verschlungene Astwerke dominieren die Szenen bei WEINLESE, ROOTS, GROW, EDEN, DISCOVER, SURPRISE, TOMORROW, ROOM, HAPPY, REFLECT oder auch JOURNEY. Das Spiel aus Licht und Farbe schafft tiefe, perspektivische Ebenen. Leuchtende Farbflächen bilden Kontraste zu plastisch modellierten Formationen.
Discover, 2014, Öl auf Nessel, 140 x 180 cm
"Brixy eröffnet uns ein Bildgeschehen, das wir von einer Art Bühne aus wahrnehmen. Er nimmt uns gleichsam an die Hand und führt uns in ein panoramatisches Bildgeschehen. Wir schauen von links nach rechts, von oben nach unten, halten uns kurz in der Mitte auf, um an einem Standort innezuhalten. Diese gewaltige Farbrhythmik, diese der Natur und ihren unendlichen Erscheinungen entnommene Koloristik, lassen uns zunächst einmal sprachlos."
Dr. Tayfun Belgin
Direktor des Osthaus Museum Hagen, a.D.
Journey, 2023, Öl auf Nessel, 240 x 180 cm
Gastkünstler Trak Wendisch
Trak Wendisch (eigentlich Trakia René Wendisch) ist am 7. August 1958 in Berlin geboren. 1977–1982 studiert er an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig bei Dietrich Burger und Bernhard Heisig. Seit 1982 ist er freischaffender Künstler und arbeitet als Bildhauer, Maler und Zeichner. 1985 ist er Meisterschüler an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Gerhard Kettner.
Seit 1996 kann man seine Arbeiten in Einzel- und Gruppenausstellungen teils mehrfach den jeweiligen Jahren in vielen deutschen Städten aber auch in der Schweiz, Brasilien, Niederlande und in den USA sehen. Seine Werke befinden sich in zahlreichen renommierten privaten und öffentlichen Sammlungen und Museen in Deutschland, Brasilien, Niederlande, Japan und Norwegen. Von 1985 bis 1995 war er am Gemeinschaftsprojekt Burg Goldbeck beteiligt. Trak Wendisch lebt und arbeitet in Berlin.
Tänzerin II, 1991 Bronze, patiniert 205 x 120 x 100 cm
„Die meisten seiner Arbeiten wirken überaus drastisch, oft wie apokalyptische Abgesänge auf die condition humaine. Auch scheint Wendisch mit seinen Werken in bester deutscher expressionistischer Tradition zu stehen – von den Künstlern der ‚Brücke‘ zu Beginn des 19. Jahrhunderts über den ostdeutschen Expressionismus etwa eines Heisig bis hin zum Neoexpressionismus der ‘Neuen Wilden’ in der ersten Hälfte der 80er Jahre.“
Hans-Michael Herzog
Kunsthistoriker
Artist Statement Trak Wendisch
Die ausgestellten Arbeiten sind zum einen in den 1990ern und zum anderen Teil nach 2020 entstanden. Es liegen also teilweise mehr als dreißig Jahre dazwischen. Die Skulpturen entstanden damals aus verschiedenen Hölzern, im Atelier in Berlin, auf der Burg Goldbeck und in Brasilien. Da Holz im Außenbereich, sowohl im privaten Garten als auch im öffentlichen Raum, nicht haltbar ist, entstand Anfang der 90er die Idee, ausgewählte Arbeiten in Bronze zu gießen.
Die Figuren, die Sie sehen, sind insofern „frisch“ und neu entschieden, als ich beim Selber-Patinieren die Beziehung zur jeweiligen Skulptur aufs Neue herstelle, wodurch jeder Abguss zu einem individuellen Stück wird. Da die Silikonformen zum Teil bis zum heutigen Tag existieren und ich immer mal wieder eine weitere Skulptur herstellen lasse, entstand eine ansehnliche Gruppe von Bronzen, die wir hier unter ganz wunderbaren Bedingungen sowohl im Außen- als auch im Innenraum zeigen können.
Da meine Gastgeber in Ausstellungen und auf Messen auch meine aktuellen Reliefs gesehen haben, und diese interessant fanden, haben wir entschieden, diese beiden formal divergierenden Positionen zusammen zu präsentieren.
Gibt es eine Verbindung? 30 Jahre sind eine lange Zeit. Dennoch bin ich ich geblieben und meine Herangehensweise gleich. Ausgangspunkt ist immer die Faszination, die Bilder, Zustände, Umstände, Aktionen usw. auslösen, für die ich dann eine äquivalente Form suche, die meine Lust an der Arbeit am Objekt widerspiegelt.
Das ist die Verbindung. Seit mein Sohn vor dreißig Jahren die ersten PCs demontiert hat und die Boards herumlagen, war ich von den Dingern fasziniert. Mein vages Verständnis für die Funktion spielte dabei keine Rolle – es war die Schönheit der Teile, die mich anzog. Lange lagen sie herum und vermehrten sich über mehrere Generationen der Entwicklung. Es geht dabei um die Farbe, die Verteilung von Bauteilen und Flächen, die Feinheit der Leiterbahnen auf den Platinen. Irgendwann musste ich einfach anfangen, mit Ihnen zu arbeiten..
Statt XIII, 2023, Mischtechnik auf Wabenplatte
Was:
20 Jahre Kunst im Alten Pumpwerk
Wo:
Altes Pumpwerk Mannheim-Neckarau, Aufeldstraße 19, 68199 Mannheim
Wann:
27. September bis 20. Oktober 2024
Öffnungszeiten:
Freitag 14-19 Uhr, Samstag und Sonntag 11-16 Uhr, sowie Donnerstag, 03 Oktober 11-16 Uhr.